Bildreihe vom Festvortrag des emeritierten Wiener Professors für Judaistik Günter Stemberger, am 21. Mai 2014 an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg.

Fotos: Michael Hofmann

Das Programm der Gastprofessur
Öffentliche Vorlesung zu Mose im rabbinischen Judentum:

Das Retterkind:
Moses und Jesu Kindheitsgeschichte
Mo 12. Mai, 16.00 ct.-17 .45 Uhr, H 9 „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“ (Hos 11,1; Mt 2, 15).

Der Auszug aus Ägypten
Di 13. Mai, 12.00 ct.-13.45 Uhr, H 5 Die Offenbarung der Tora: „Durch Engel erlassen und durch einen Mittler bekannt gegeben“ (Ga I 3, 19) Mi 14. Mai, 14.00 ct.-15.45 Uhr, H 38

Mose als Führer des Volkes (Ex 32: Goldenes Kalb; Num 20: Wasser von Meriba)
Mo 19. Mai, 10.00 ct.-11.45 Uhr, H 16

Tod und Himmelfahrt Moses: Unbekanntes und/oder leeres Grab
Di 20. Mai, 10.00 ct.-11.45 Uhr, H 10

Festvortrag:
Moshe Rabbenu und Jesus als Lehrer
Mi 21. Mai, 18 Uhr s.t., H 24 I Vielberth-Gebäude

Programm und Vita als Download:

Festvortrag der Gastprofessur 2014 der Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI.-Stiftung

„Die alljährliche Gastprofessur ist eine ‚Erfolgsstory‘.“ Mit diesen Worten eröffnete Dekan Harald Buchinger am Mittwoch, den 21. Mai 2014, den feierlichen Festvortrag im Rahmen der Gastprofessur der Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI.-Stiftung an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg. In diesem Jahr übernahm der emeritierte Wiener Professor für Judaistik Günter Stemberger die Vortragsreihe mit dem Titel „Mose im rabbinischen Judentum“. In der letzten von sechs öffentlichen Vorlesungen führte er die anwesenden Zuhörer durch die Thematik „Moshe Rabbenu und Jesus als Lehrer“.

Zu Beginn wies der Dekan der Fakultät, Professor Harald Buchinger, auf ein persönliches Schreiben des emeritierten Papstes Benedikt XVI., Namensgeber der Gastprofessur, hin, in dem der ehemalige Regensburger Dogmatikprofessor seiner Freude über die Veranstaltung Ausdruck verlieh. Buchinger hob ebenso hervor, dass, obgleich es in Regensburg keinen Lehrstuhl für Judaistik gäbe, das Fach doch vieler Orts präsent sei und behandelt werde, ob in der Fundamentaltheologie, der Dogmatik, den biblischen Wissenschaften oder der Pastoraltheologie.

Professor Tobias Nicklas, der mit seinem Team für die inhaltlich-konzeptionelle und organisatorische Planung der Gastprofessur verantwortlich war, begrüßte neben dem Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, der wie im Jahr zuvor die Veranstaltungsreihe mit besonderem Interesse begleitete, noch weitere regionale, nationale aber auch internationale Gäste. Die Gastprofessur hole die Studierenden aus dem Alltag heraus, stelle einen fremden, darin jedoch herausfordernden Umgang mit Texten der Heiligen Schrift dar und eröffne somit Perspektiven, die der Universität ansonsten nicht zugänglich wären. Solche ‚Sternstunden‘ möglich zu machen, verdanke die Fakultät zu einem großen Teil der Gastprofessur und ihrer Förderung durch die Stiftung Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. Nur so sei es realisierbar, einen weltweit anerkannten und bekannten Kenner des rabbinischen Judentums und des Judentums wie Günter Stemberger nach Regensburg zu holen.

Stemberger studierte Theologie und Judaistik in Innsbruck, Cholchester, Lyon und Rom. Nach seiner Habilitation im Jahr 1974 war er von 1977 bis zu seiner Emeritierung 2009 Universitätsprofessor für Judaistik in Wien. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der rabbinischen Literaturgeschichte und vorislamischen Geschichte. Hier knüpfte die Vorlesungsreihe nahtlos an, die sich mit der Gestalt Moses beschäftigte. Diese sei nicht nur für die Bibel, sondern auch für die nachbiblisch-jüdische Tradition zentral. Obgleich sein Bild im Judentum des Zweiten Tempels vielfach erforscht wurde, existiert keine jüngere Darstellung seiner Rolle im rabbinischen Judentum. Ein Gang durch diese Texte aber zeige wesentliche Aspekte rabbinischer Religiosität ebenso wie Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit der christlichen Tradition auf. Von Themen wie „Das Retterkind: Moses und Jesu Kindheitsgeschichte“ über „Die Offenbarung der Tora: ‚‚Durch Engel erlassen und durch einen Mittler bekannt gegeben‘ (Gal 3,19) bis hin zu „Tod und Himmelfahrt Moses: Unbekanntes und/oder leeres Grab“ brachte Stemberger in faszinierender Weise signifikante Wegmarken Moses in rabbinischer Auslegung zur Sprache.

Auch in seinem Festvortrag „Moshe Rabbenu und Jesus als Lehrer“ spürte Stemberger der Gestalt Moses weiter nach, um zu zeigen, dass inwiefern diese im rabbinischen Judentum als Lehrer gesehen werde und so den Ehrentitel Moshe Rabbenu, „unser Meister“ erhält. Anhand einer Auswahl mehrere biblischer Texte charakterisierte Stemberger die Entwicklung frühchristlicher Bilder von Jesus, dem Lehrer. Das Problem der jüdischen Rezeption jesuanischen Lehrens entzünde sich von frühester Zeit an der Frage, wie er, ohne selbst belehrt worden zu sein, Lehrer sein könne.

Mose nun sei, so Stemberger, vor allem als Mittler und Prophet, weniger als Lehrer bekannt, wie beispielhaft seine Rezeption bei Philo von Alexandrien und Flavius Josephus zeige. Diese sprechen jeweils nur an einer Stelle von ihm als Lehrer. Erst in der nachbiblisch-jüdischen Tradition, und auch hier nicht unmittelbar zu Beginn, werde Mose mehr und mehr als Lehrer, Moshe Rabbenu, bezeichnet. Anhand von mehreren Passagen aus der rabbinischen Rezeption der Bücher Exodus, Levitikus, Numeri oder Deuteronomium zeigte Stemberger exemplarisch Facetten des Bildes vom Lehrer Mose auf. Zwar komme dem Mose vom Sinai her, lernte er doch die Tora aus dem Munde Gottes, besondere Lehrautorität zu. Dennoch habe Mose seinen Bruder Aaron eingebunden und so Zeugnis dafür gegeben, dass Lehrautorität nicht monopolisiert werden dürfe, dass man erst in Gemeinschaft die Lehre als Wort Gottes erlebe. Spannend waren auch die Gedanken zur Vorstellung, dass Mose am Ende seines Wirkens wieder selbst zum Schüler seines Schülers geworden sei.

In seinem Fazit resümierte Stemberger, dass weder Jesus noch Mose innerhalb der ältesten christlichen Überlieferung bzw. der frühesten rabbinischen Tradition in erster Linie als Lehrer verstanden wurden. Für die Entwicklung der jüdischen Tradition stellte Stemberger dies in den Zusammenhang des Untergangs des Tempels, da bis dahin die Lehre als Privileg der Priester galt und erst danach zur Sache der Allgemeinheit wurde. Mit der Zerstörung des Tempels jedoch wurde eine Neuorganisation des Lehrens und Lernens der Tora nötig. Beides stelle sowohl für die Rabbinen wie auch für die christliche Tradition, obgleich in unterschiedlicher Konzeption, ein zentrales Element dar.
Die Veranstaltung schloss mit einem geselligen Empfang, den die Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI.-Stiftung ausrichtete.

Bericht: Universität Regensburg, Fakultät für Katholische Theologie

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