Zum Priesterjahr 2009/2010

Papst Benedikt XVI. antwortet Priestern

Aus Antworten, die Papst Benedikt XVI. während einiger Treffen mit Priestern, Diakonen und Seminaristen auf aktuelle Fragen gegeben hat.

Thema 2: Afrika

Im Oktober 2009 fand in Rom die Bischofssynode zu Afrika statt. Im Frühjahr des Jahres besuchte Papst Benedikt XVI. zwei afrikanische Länder, Kamerun und Angola. Begegnungen mit Bischöfen aus Afrika, die zu Ad-limina-Besuchen kommen, bringen die Fragen und Erfahrungen auch Afrikas nach Rom. Ein Widerhall dessen findet sich in einer Antwort, die Benedikt XVI. beim Treffen mit dem Klerus der Diözese Rom am 2. März 2006 gab, und die gerade in ihrem Schlußteil mit einer Würdigung der Mission interessant ist. Auf die Frage eines Priesters nach der Situation der Kirche in Afrika sagte Benedikt XVI.:

„Dann die Märtyrer von Uganda. Danke für diesen Beitrag. Er läßt uns an den afrikanischen Erdteil denken, der die große Hoffnung der Kirche ist. In den vergangenen Monaten habe ich einen Großteil der afrikanischen Bischöfe zum ‚Ad-limina’-Besuch empfangen. Für mich war es sehr erhebend und auch tröstlich, Bischöfe von hohem theologischem und kulturellem Niveau zu sehen, eifrige Bischöfe, die wirklich von der Freude des Glaubens beseelt sind.

Wir wissen, daß diese Kirche in guten Händen ist, aber dennoch leidet, da die Nationen sich noch nicht herausgebildet haben. In Europa haben sich über die Ethnien, die bereits bestanden, hinaus gerade durch das Christentum die großen Strukturen der Nationen und die großen Sprachen herausgebildet, und so entstanden Kulturgemeinschaften und befriedete Gebiete, obwohl dann diese befriedeten Gebiete als zueinander im Gegensatz stehende Gebiete wiederum eine neue Art von Krieg geschaffen haben, die zuvor nicht existierte. In vielen Teilen Afrikas ist die Situation jedoch immer noch die einer Vorherrschaft der Ethnien. Die Kolonialmacht hat dann Grenzen auferlegt, in denen sich jetzt Nationen bilden müssen. Aber es ist immer noch schwierig, ein großes Ganzes zu bilden und über die Ethnien hinaus die Einheit demokratischer Regierungen zu finden, sowie die Möglichkeit, sich den kolonialen Mißbräuchen zu widersetzen, die es immer noch gibt. Für die Großmächte ist Afrika immer noch Gegenstand des Mißbrauchs, und viele Konflikte gäbe es nicht in dieser Form, wenn nicht die Interessen der Großmächte dahinter stünden.

Ich habe auch gesehen, daß die Kirche in diesem ganzen Durcheinander durch ihre katholische Einheit der große Faktor ist, der Einigung in die Zerstreuung bringt. In vielen Fällen, jetzt vor allem nach dem großen Krieg in der Demokratischen Republik Kongo, ist die Kirche die einzige Wirklichkeit geblieben, die funktioniert, die weiterlebt und die die notwendige Unterstützung gibt, das Zusammenleben gewährleistet und hilft, die Möglichkeit zur Verwirklichung eines großen Ganzen zu finden. In diesem Sinn übt die Kirche in diesen Situationen auch einen Ersatzdienst auf politischer Ebene aus, indem sie die Möglichkeit bietet, zusammenzuleben und nach den Zerstörungen die Gemeinschaft, nach dem Ausbruch des Hasses den Geist der Versöhnung wiederherzustellen. Viele haben mir gesagt, daß in solchen Situationen das Bußsakrament sehr wichtig sei als Kraft der Versöhnung, und daß es auch in diesem Sinn gespendet werden sollte. Kurz, ich wollte sagen, daß Afrika ein Kontinent großer Hoffnung, tiefen Glaubens, bewegender kirchlicher Wirklichkeiten, eifriger Priester und Bischöfe ist. Aber es ist immer auch ein Kontinent, der – nach den Zerstörungen, die wir aus Europa dorthin gebracht haben – unserer brüderlichen Hilfe bedarf. Und diese muss aus dem Glauben erwachsen, der über die menschlichen Spaltungen hinweg auch die Welt umfassende Nächstenliebe schafft.

Das ist unsere große Verantwortung in dieser Zeit. Europa hat seine Ideologien, seine Interessen eingeführt, aber es hat durch die Mission auch die Heilung eingeführt. Um so mehr ist es heute unsere Pflicht, auch einen lebendigen Glauben zu haben, der sich mitteilt, der den anderen helfen will, der sich bewußt ist, daß die Weitergabe des Glaubens nicht bedeutet, entfremdende Kräfte einzuführen, sondern das wahre Geschenk zu geben, das der Mensch nötig hat, um auch ein Geschöpf der Liebe zu sein.“

Prof. Dr.Achim Buckenmaier © Libreria Editrice Romana